Montag, 24. Januar 2005 – Aargauer Zeitung

Ania Losinger spielt die Xala – vielmehr betanzt sie dieses erste Bodenxylophon der Welt

24 Klangstäbe aus Holz, zwei Oktaven in einer intuitiven Anordnung – aber nicht auf einem Tisch, wie bei einem Xylophon. Nein, die Xala liegt auf dem Boden – auf ihr wird getanzt und somit gespielt.

Die Zuschauer in der Aula des Schulhauses Glattler unterhalten sich. Plötzlich wird es dunkel und Ania Losinger betritt den Raum. Mit leisen Schritten nähert sie sich ihrem Instrument. Sie umrundet es konzentriert, nimmt sich viel Zeit, bevor sie das Bodenxylophon Xala betritt. Im Zuschauerraum ist Ruhe eingekehrt. Die erwartungsvolle Spannung löst sich, als der erste Ton erklingt. Die schlanke Frau beginnt zu tanzen. Die Flamencoschuhe klopfen, schlagen, schleifen und tippen die Klangstäbe an. Durch die Wiederholungen bilden sich zarte Melodien. Jede bewegung ist klar definiert, perfekt eingesetzte Energie. Ania Losinger lächelt, es sieht aus, als sei sie über ihre Bewegungen mit dem Xala ins Zwiegespräch getreten. Eine laute Drehung, ein Sprung – die Xala schweigt.

“Tanz und Musik in einer Person”

“Xala hät sin Ursprung i de Erkenntnis, das i mit mine Füess Musig mache, wenn i tanze. Dadrus het sich immer meh de Wunsch ergeh, Tanz und musig i einere Person chönne z vereine”, schildert Ania Losinger den beginn der Suche nach Klang. In Hamper von Niederhäusern trifft sie einen Erfinder, der ihr hilft, die Ideen umzusetzen: so entsteht 1999 das Bodenxylophon Xala. Musikalische Inspiration und unterstützung bekommt Ania Losinger vom Komponisten Don Li: “Hät sich mit em Ufbau vom Instrument usenand gsetzt und e spezielli Form vo Partitur, iiteilt in Füess und Händ, entwicklet.”

Anekdoten und Wissenswertes

Aus all diesen Experimenten ergeben sich für Ania Losinger zwei Wege, mit ihrem instrument zu arbeiten. Zum einen entstehen neue Rhythmen und Melodien über Improvisation, zum andern durch das Einüben einer konkreten Partitur, die Don Li geschrieben hat. Ania Losinger erzählt zwischen ihren Tänzen Anekdoten und Wissenswertes. Doch erst als es wieder dunkler wird und sie mit Stücken, einem Stuhl oder gar auf dem Bauch liegend die Klänge in die Welt schickt, wird die Theorie erlebbar. Kein Ton ist beliebig, kein Schritt geschieht unbedacht. Das Konzert erscheint als Reduktion auf das Wesentliche und eröffnet gleichzeitig unzählige wege für eigene Assoziationen. Es sind Momente geballter Energie und ruhiger Meditation, die Ania Losinger vermittelt. Das Publikum ist begeistert und will die Tänzerin kaum gehen lassen.

“Es fägt zum Spiele”

Sie spielt zwei Zugaben. Vorerst vierschuhig mit Händen und Füssen; danach unterhalten sich zwei Kastagnetten. Der Abend ist ein Erfolg. Es ist der Kulturkommission gelungen, eine Kunstform nach Spreitenbach zu holen, die in ihrer Vielschichtigkeit für alle Menschen etwas bietet. Oder wie ania Losinger sagt: “Es fägt zum Spiele.”

Graziella Hartmann